InKalkTier-Bewertungsmethode Emissionspotenzial Ammoniak Schweinemast
Zur Bewertung der Emissionspotenziale von Ammoniak (NH3) für Haltungsverfahren der Schweinemast werden eigens erstellte Stoffflussmodelle verwendet. Sie ermöglichen die Bewertung des Emissionspotenzials von Ammoniak für Haltungsverfahren
- mit einem Flächenangebot von bis zu 2,0 m²/TP im Innenbereich (Kap. 1.4.2),
- mit unterschiedlichen Lüftungsverfahren (zwangs- und freigelüftete sowie Außenklimaställe),
- mit oder ohne Auslauf,
- mit oder ohne Kot-/Harnbereich (perforiert, planbefestigt oder eingestreut) sowie
- mit oder ohne Tiefstreu.
Beispielhaft ist in Abbildung 1 das verwendete Stoffflussmodell für Haltungsverfahren mit perforiertem Kot-/Harnbereich dargestellt.
Mit Stoffflussmodellen können Effekte auf die Emissionsraten der einzelnen Stufen innerhalb eines Modells abgebildet werden (Reidy et al. 2009). Zunächst wird die TAN-Menge je Mastschwein aus der ausgeschiedenen Menge an Stickstoff unter Verwendung von Bilanzierungsmodellen geschätzt (KTBL 2023b). Der sich aus den Stickstoffausscheidungen der Nutztiere bildende ammoniakalische Stickstoff (TAN) ist die Quelle für Stickstoffemissionen in Form von Ammoniak (NH3-N-Emissionen) (Reidy et al. 2009). Die Stickstoffausscheidung beeinflusst deshalb direkt die Emissionsrate des Stalls. Von der Stall-Emissionsrate wiederum hängt die TAN-Menge ab, die im Wirtschaftsdünger verbleibt und im Wirtschaftsdüngerlager emissionsrelevant wird. Die dortige Emissionsrate hat wiederum Einfluss auf den Stickstoffgehalt des Wirtschaftsdüngers bei der Ausbringung. Das Prinzip der Stoffflussmodelle und den Zusammenhang zwischen den Emissionsraten und der TAN-Menge verdeutlicht Abbildung 2.

1 Berechnung der Emissionspotenziale
Die für die Berechnung der Emissionspotenziale verwendeten Gleichungen sind nachfolgend aufgeführt. Hierbei wird auf Kapitel und Gleichungen verwiesen, in denen die einzelnen Variablen hergeleitet bzw. erläutert werden.
Die Emissionspotenziale für Haltungsverfahren der Schweinemast werden in der Web-Anwendung InKalkTier als prozentuale Relativwerte angegeben. Sie bezeichnen die Abweichung der NH3-Emissionsrate für das bewertete Haltungsverfahren von der NH3-Emissionsrate eines Bezugsverfahrens (Gl. 1).
Die NH3-Emissionsrate eines Haltungsverfahrens setzt sich zusammen aus den Emissionsraten des Stalls – bei Haltungsverfahren mit perforierten Bereichen aufgeteilt auf die Emissionen vom perforierten Boden (oberflur) und die Emissionen aus den Flüssigmistkanälen (unterflur) – sowie den Emissionsraten des Wirtschaftsdüngeraußenlagers. Der Begriff „Stall“ schließt den Auslauf ein, sofern vorhanden. Die Berechnungsschritte können den Gleichungen 2 bis 6 entnommen werden.
1.1 Stickstoffausscheidung und TAN-Anteil
Die in den oben genannten Gleichungen zur Berechnung der Emissionsraten verwendete Stickstoffausscheidung von Mastschweinen variiert je nach Futtermenge, Rohproteingehalt der Ration und Leistung der Tiere (DLG 2014). Zur Modellierung des Ammoniakemissionspotenzials werden die von der DLG (2014, 2019) definierten Fütterungsstrategien herangezogen (Tab. 1). Die errechneten Emissionspotenziale gelten für Mastschweine von 28 bis 118 kg Lebendmasse (LM) bei 244 kg Zuwachs pro Tier und Jahr, Tageszunahmen von 850 g LM und 2,7 Mastdurchgängen pro Jahr.
In den verwendeten Stoffflussmodellen für Mastschweine wird ein TAN-Anteil von 66 % an den Gesamtstickstoffausscheidungen zugrunde gelegt (KTBL 2023b).
Fütterungsstrategie | N-Ausscheidung | TAN-Anteil an der N-Ausscheidung | ||
NAus
kg/(TP ‧ a) |
Quelle | rTAN | Quelle | |
Universalfutter, Universalmast mit Vormast | 12,2 | DLG (2014) | 0,66 | KTBL (2023b) |
N-/P-reduziert, 2-Phasen-Mast mit Vormast | 11,7 | DLG (2014) | 0,66 | KTBL (2023b) |
Stark N-/P-reduziert, 3-Phasen-Mast mit Vormast | 10,6 | DLG (2019) | 0,66 | KTBL (2023b) |
Sehr stark N-/P-reduziert, 3-Phasen-Mast mit Vormast | 9,5 | DLG (2019) | 0,66 | KTBL (2023b) |
Die N-reduzierte Fütterung wirkt sich infolge einer verringerten Stickstoffausscheidung direkt auf die mit dem entsprechenden Stoffflussmodell berechneten NH3-Emissionsraten aus. Beispielsweise reduziert sich die mit dem Stoffflussmodell berechnete NH3-Emissionsrate für vollperforierte Buchten mit Zwangslüftung und einem Flächenangebot von 0,75 m²/TP von 3,4 kg NH3/(TP ‧ a) bei Universalfütterung
- auf 3,3 kg NH3/(TP ‧ a) bei N-/P-reduzierter Fütterung,
- auf 3,0 kg NH3/(TP ‧ a) bei stark N-/P-reduzierter Fütterung und
- auf 2,6 kg NH3/(TP ‧ a) bei sehr stark N-/P-reduzierter Fütterung.
Diese Ergebnisse des Stoffflussmodells wurden von Markus et al. (2023) bei ihren Messungen in Schweinemastställen bestätigt.
1.2 Emissionsrate des Stalls
Die Emissionsrate des Stalls umfasst die Emissionen aus dem Innenbereich sowie die Emissionen des Auslaufs, sofern vorhanden. Verfügt ein Haltungsverfahren über einen Auslauf und ein entsprechend großes Flächenangebot je Tier (Kap. 1.4.2), wird von den Tieren meist ein Kot-/Harnbereich im Auslauf angelegt. Unter dieser Annahme wird davon ausgegangen, dass keine oder nur geringe Emissionsraten aus dem Innenbereich vorliegen. Eine Ausnahme stellen Haltungsverfahren mit Auslauf dar, die im Innenbereich über einen zusätzlichen Kot-/Harnbereich verfügen.
1.2.1 Grundlagen
Bei Haltungsverfahren mit vollperforierten Buchten sowie perforierten Kot-/Harnbereichen teilt sich der Stofffluss im Stall auf die Bereiche oberflur und unterflur auf. Es wird eine Aufteilung der anfallenden TAN-Menge auf ober- und unterflur von 15 % bzw. 85 % angenommen. Sie wird in den Gleichungen aus Kapitel 1 mit den Werten aus Tabelle 2 berücksichtigt. In Ställen mit planbefestigten Kot-/Harnbereichen oder Tiefstreu entfällt der Unterflurbereich, sodass 100 % der TAN-Menge dem Oberflurbereich zugeordnet werden.
Tab. 2: Aufteilung der TAN-Menge auf ober- und unterflur in Abhängigkeit der Haltungsform
Haltungsform | Anteil an der TAN-Menge | |
oberflur | unterflur | |
rO | rU | |
Zwangslüftung, perforierter Kot-/Harnbereich | 0,15 | 0,85 |
Freie Lüftung, perforierter Kot-/Harnbereich | 0,15 | 0,85 |
Freie Lüftung, planbefestigter, eingestreuter Kot-/Harnbereich | 1,00 | 0,00 |
Freie Lüftung, Tiefstreu | 1,00 | 0,00 |
Ammoniakemissionsraten von Schweinemastställen mit Auslauf wurden im Projekt „Ermittlung von Emissionsdaten für die Beurteilung der Umweltwirkungen der Nutztierhaltung“ (EmiDaT) (Wolf et al. 2023) systematisch erhoben. Sie werden hier zur Ableitung von Emissionsfaktoren für die Stoffflussmodelle herangezogen. Die Emissionsraten für die freigelüfteten Ställe mit Auslauf nach Wolf et al. (2023) wurden für freigelüftete Ställe ohne Auslauf sowie Außenklimaställe übernommen. Die Emissionsrate für die zwangsgelüftete Einflächenbucht nach Wolf et al. (2023) bildet die Grundlage für die Bewertung aller zwangsgelüfteten Verfahren.
Da in den letzten Jahren keine systematischen Emissionsmessungen von Tiefstreuverfahren durchgeführt wurden, wird für Außenklimaställe mit Tiefstreu der Konventionswert aus der Richtlinie VDI 3894-1 (2011) verwendet. Dieser Wert entspricht dem Emissionsfaktor im nationalen Emissionsinventar (Vos et al. 2022). Guingand und Rugani (2012) sowie Lagadec et al. (2012) haben in ihren Untersuchungen ähnliche Emissionsraten für zwangsgelüftete Tiefstreuverfahren gemessen.
In Tabelle 3 ist aufgeführt, welche Emissionsraten in Abhängigkeit der Haltungsform als Grundlage für die Ableitung von Emissionsfaktoren herangezogen wurden.
Tab. 3: Liste der NH3-N-Emissionsraten für die Haltung von Mastschweinen, die zur Ableitung von Emissionsfaktoren für die Stoffflussmodelle verwendet wurden
Haltungsform | Fütterungsstrategie | Zugrunde liegende N-Ausscheidung | Emissionsrate | Quelle |
kg/(TP ‧ a) | kg NH3-N/(TP ‧ a) | |||
Zwangslüftung, Einflächenbucht | Universalfutter | 12,2 | 2,8 | Wolf et al. (2023) |
Freie Lüftung, perforierter Auslauf | N-/P-reduziert | 11,7 | 2,0 | Wolf et al. (2023) |
Freie Lüftung, planbefestigter, eingestreuter Auslauf | N-/P-reduziert | 11,7 | 3,2 | Wolf et al. (2023) |
Außenklimastall, Tiefstreuverfahren | Universalfutter | 12,2 | 3,5 | VDI 3894-1 (2011) |
Bei Ställen mit perforierten Flächen werden 35 % der Gesamtemissionsrate dem Oberflurbereich zugeordnet und 65 % dem Unterflurbereich. Diese Aufteilung wurde aus dem Minderungspotenzial der Gülleansäuerung von 64 % (VERA 2016) sowie einem Übersichtsartikel von Chowdhury et al. (2014) abgeleitet. Bei einem pH-Wert des Flüssigmists von 5,5, der bei der Gülleansäuerung angestrebt wird, sind nach Berechnungen von Fangueiro et al. (2015) gegenüber einem Flüssigmist mit einem pH-Wert von 7,5 nur noch 1 % der NH3-Emissionen zu erwarten. Aus der Annahme, dass die Ansäuerung nur auf die Emissionsrate unterflur wirkt, ergibt sich die o.g. prozentuale Zuordnung der Gesamtemissionsrate.
1.4 Einflussfaktoren
Neben der Stickstoffausscheidung haben in den Stoffflussmodellen das Lüftungsverfahren, die Größe und Gestaltung der emissionsrelevanten Fläche sowie der Einsatz emissionsmindernder Maßnahmen Einfluss auf die mit den Stoffflussmodellen berechneten Emissionsraten (Abb. 3).
2 Übertragbarkeit der Emissionspotenziale auf die Anforderungen der TA Luft
Die TA Luft (2021) fordert eine stark N-reduzierte Fütterung (Nummer 5.4.7.1 Buchstabe c) und zusätzlich 40 % Emissionsminderung (Nummer 5.4.7.1 Buchstabe i), um eine maximale Emissionsrate von 1,74 kg NH3/(TP ‧ a) zu erreichen (Anhang 11). Die in diesem Zusammenhang genannte prozentuale Emissionsminderung kann nicht mit den in der Web-Anwendung InKalkTier berechneten, prozentualen Emissionspotenzialen gleichgesetzt werden.
Dies liegt daran, dass in der TA Luft (2021) als Bezugswert im Sinne der Web-Anwendung InKalkTier ein Referenzwert angegeben ist (Anhang 1, Tab. 11: Mastschweine, Gülleverfahren: 3,64 kg NH3/(TP ‧ a)), der sich vom Bezugswert in den Stoffflussmodellen der Web-Anwendung InKalkTier (3,4 kg NH3/(TP ‧ a)) unterscheidet. Für einen Vergleich müssen daher die absoluten Ammoniakemissionsraten entsprechend Anhang 11 (TA Luft 2021) herangezogen werden, die dort als Emissionsfaktoren bezeichnet werden. Der Einsatz einer Maßnahme mit einem Minderungspotenzial von 40 % führt demnach zu unterschiedlichen Emissionsraten bei Zugrundelegung der Werte entsprechend der TA Luft und der Web-Anwendung InKalkTier.
Aufgrund dieser Zusammenhänge wird in der Web-Anwendung InKalkTier die in Anhang 11 (TA Luft 2021) genannte Emissionsrate von 1,74 kg NH3/(TP ‧ a) erst bei einer Minderung der Emissionsrate des Stalls um 49 % erreicht. Die Ursache dafür ist neben dem unterschiedlichen Referenz- bzw. Bezugswert, dass die stark N-reduzierte Fütterung nicht separat berücksichtigt wird, sondern in der Minderung um 49 % bereits einkalkuliert ist.
Erreicht ein Haltungsverfahren in der Web-Anwendung InKalkTier ein Emissionspotenzial von -49 % bei gleichzeitig stark N-reduzierter Fütterung, erfüllt es die Anforderung der TA Luft (2021). Für tiergerechte Außenklimaställe kann analog vorgegangen werden.