Abluftreinigungsanlagen
Abluftreinigungsanlagen mindern in der Schweine- und Hühnerhaltung die Emissionen an Ammoniak, Gerüchen und Staub. Sie setzen eine geschlossene Gebäudehülle mit Zwangslüftung voraus, da die Abluft der Ställe in Kanälen gesammelt und mithilfe von Ventilatoren durch die Reinigungsanlage geleitet werden muss. Es stehen verschiedene Techniken zur Verfügung (Tab. 2). Es dürfen sowohl fördertechnisch also auch bezogen auf den Immissionsschutz nur solche Techniken eingesetzt werden, die im Sinne der TA Luft (2021), Anhang 12, qualitätsgesichert sind und dauerhaft eine hohe Reinigungsleistung gewährleisten.
Tab. 2: Techniken und Mindestreinigungsleistungen eignungsgeprüfter und qualitätsgesicherter Abluftreinigungsanlagen (TA Luft 2021)
Parameter |
Art der Abluftreinigungsanlage | |||
Biofilter | Rieselbettreaktor | Chemowäscher | Zwei- oder mehrstufige Anlage | |
Emissionsminderungsgrad | ||||
Geruch im Reingas
Konzentration Geruchsart |
< 300 GEE/m3 kein Rohgasgeruch im Reingas |
1) 1) |
< 300 GEE/m3 kein Rohgasgeruch im Reingas | |
Abscheidegrad
Ammoniak/N-Entfrachtung Gesamtstaub/PM10-Staub |
> 70 %2) > 70 % |
> 70 %
> 70 % |
> 70 % > 70 % |
> 70 % > 70 % |
GEE = europäische Geruchseinheit 1) Einstufige Chemowäscher sind nicht geeignet, die Kriterien des Geruchsabbaus zu erzielen. 2) Wirkung nur bei entsprechender Auslegung und Betrieb mit Ansäuerung und geregelter Abschlämmung.
Voraussetzungen für die Anerkennung und den ordnungsgemäßen Betrieb sind:
- Nachweis der Reinigungsleistung des Anlagentyps im Rahmen eines unabhängigen Prüfverfahrens entsprechend den Mindestanforderungen der TA Luft (2021), Anhang 12 (Kriterien für die vorgezogene Qualitätsprüfung von Abluftreinigungen in der Tierhaltung zu Nummer 5.4.7.1 der TA Luft, insbesondere DLG-Prüfung „Abluftreinigungssysteme”, https://www.dlg.org/de/landwirtschaft/tests/suche-nach-pruefberichten/, und VERA-Verifizierungsurkunden (Verification of Environmental Technologies for Agricultural Production), https://www.vera-verification.eu/de/vera-urkunden/).
- Dimensionierung, Bau und Betrieb entsprechend den in den Prüfberichten ausgewiesenen relevanten verfahrensspezifischen Kenndaten (z. B. Filterflächenbelastung, pH-Wert und Leitfähigkeit im Waschwasser, Nutzungsdauer von Filtermaterialien) und Einhaltung der Anforderungen an die Arbeits- und Gerätesicherheit.
- Tägliche Überwachung und Kontrolle der Anlagen sowie Aufzeichnung der betriebsrelevanten Parameter in einem elektronischen Betriebstagebuch (z. B. Abluftvolumenstrom, Druckverlust, Strom- und Wasser- verbrauch, Säureverbrauch, pH-Wert, Leitfähigkeitswert, Abschlämmung, Anlagenstatus in Betrieb/außer Betrieb) zum Nachweis des ordnungsgemäßen Betriebes.
- Regelmäßige Reinigung und Wartung der Anlagen im Rahmen eines Wartungsvertrages entsprechend Vorgaben der Hersteller bzw. Angaben in den Prüfberichten.
Beim Einsatz anorganischer Säuren, wie z. B. Schwefelsäure, zur pH-Wert-Regelung sind die in den Prüfberichten ausgewiesenen Sicherheitsbestimmungen der Arbeits- und Chemikaliensicherheit (Unfallverhütungsvorschriften, Gefahrstoffverordnung) zu beachten. Zudem sind die baulichen Anforderungen an die Lagerung und den Umgang mit Säuren entsprechend der Verordnung über Anforderungen an Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV 2020) zu berücksichtigen. Das angesäuerte Waschwasser ist separat zu lagern.
1 Biofilter
Funktionsprinzip
Bei Biofiltern wird die Abluft über eine Druckkammer durch ein Filterbett mit organischem Material – z. B. Wurzelholz oder Holzhackschnitzel – geleitet. Umlaufende Gummilippen verhindern bei Materialschrump- fung einen Rohgasdurchtritt an den Rändern. Das Filtermaterial wird durch eine Intervallberieselung der Oberfläche stets feucht gehalten. Staubpartikel und luftgetragene Geruchsstoffe werden von dem Feuchtig- keitsfilm aufgenommen und oxidiert oder durch die auf der befeuchteten Einstreu lebenden Mikroorganis- men zersetzt.
Eine wirksame Ammoniakabscheidung setzt voraus, dass das Filtermaterial mit angesäuertem Wasser berieselt wird. In der Praxis wird dazu das Umlaufwasser genutzt, das unter der Filterschüttung aufgefangen wird. Das Wasser wird mit konzentrierter Schwefelsäure in einem pH-Bereich zwischen 6,0 und 6,5 gehalten. Bei einer Leitfähigkeit von 25 Millisiemens (mS) je cm wird das Wasser abgeschlämmt und durch Frischwasser ersetzt, auch um Verdunstungsverluste auszugleichen.
Auch ohne pH-Wert-Regelung des Waschwassers wird Ammoniak abgeschieden, allerdings bildet sich dabei ein Milieu, das die Bildung und Freisetzung nitroser Gase und Lachgas fördert.
Bauliche Ausführung
Nachfolgend werden einige typische Auslegungsparameter von Biofiltern (Abb. 1) zusammengefasst, die für den ordnungsgemäßen Betrieb maßgeblich sind; die herstellerspezifischen Werte sind den jeweiligen Prüf- berichten zu entnehmen:
- Filterflächenbelastung: 250 bis 500 m³/(m²·h); abhängig vom Filtermaterial
- Schüttungshöhen verschiedener Filtermaterialien (Beispiele): 1 bis 1,4 m grobes Wurzelholz, 0,3 bis 0,5 m Hackschnitzel
1 Ventilator
2 Befeuchtungseinrichtung
3 Wasservorlage
4 Druckkammer
5 Spaltenboden mit Randabdeckung
6 Biofiltermaterial
7 Randabdeckung
8 Wasserfilter
9 Beregnungspumpe
10 Beregnungssystem
11 Freibord
12 Abschlämmung
13 Revisionsöffnung
14 Füllstandsregelung 7
Reingas
10 11
6
1 2
Rohgas 5
4 14 13
|
3 9
Frischwasser 12
Abb. 1: Grundprinzip eines einstufigen Biofilters (KTBL 2006); hier ohne Ansäuerung
•
Managementhinweise
Aufgrund der Kompostierung muss das Füllmaterial mindestens jährlich ausgetauscht werden; bei Biofiltern zur Ammoniakabscheidung beträgt die Standzeit 6 Monate.
Da der Druckverlust über einen Biofilter 120 bis 150 Pa betragen kann, sind ausreichend druckstabile Stalllüfter einzusetzen.
Einsatz
Biofilter werden in der einstreulosen Schweinehaltung mit Flüssigmistverfahren eingesetzt.
2 Rieselbettreaktor
Funktionsprinzip
Bei Rieselbettreaktoren wird die Abluft durch Kunststofffüllkörper geleitet, die im Gegenstrom kontinuierlich mit Wasser besprüht werden. Staub wird niedergeschlagen, Geruchsstoffe und Ammoniak lösen sich im Waschwasser. Mikroorganismen, die auf den Füllkörpern siedeln und einen Biofilm bilden, bauen die Luftschadstoffe ab.
Das Waschwasser wird im Umlauf betrieben. Der pH-Wert muss durch Dosierung von Säure oder Lauge in einem Bereich von 6,5 bis 7,0 gehalten werden. Zunehmend werden anstelle von Laugen auch Nitrifikationshemmer eingesetzt, um die Nitrifikation des abgeschiedenen Ammoniaks und das Absinken des pH-Wertes zu verhindern.
Die aus der Abluft abgeschiedenen Stoffe und Abbauprodukte müssen bei einer Leitfähigkeit von 15 bis 20 mS/cm abgeführt werden. Zum Ausgleich von Verdunstungsverlusten und dem Abschlämmen von Waschwasser muss regelmäßig Frischwasser zugesetzt werden. Um die Emission von Aerosolen zu vermeiden, werden Tropfenabscheider eingesetzt. Zur Aufrechterhaltung der biologischen Aktivität müssen Rieselbettreaktoren kontinuierlich betrieben werden.
Bauliche Ausführung
Nachfolgend werden einige typische Auslegungsparameter von Rieselbettreaktoren (Abb. 2) zusammengefasst. Sie sind für den ordnungsgemäßen Betrieb maßgeblich; die herstellerspezifischen Werte sind den jeweiligen Prüfberichten zu entnehmen:
- Filterflächenbelastung: 2.000 bis 3.700 m³/(m² ∙ h)
- Dicke der Füllkörperpackung: 0,8 bis 2,1 m
- spezifische Füllkörperoberfläche: 100 bis 500 m²/m³
- Berieselungsdichte: 0,89 bis 0,95 m³/(m² ∙ h)
- Tropfenabscheider aus Stahl- oder Kunststoffgestrick erforderlich
1 Ventilator 7 3
2 Füllkörper
3 Flüssigkeitsverteiler
4 Tropfenabscheider
5 Umwälzpumpe
6 Waschwasservorlage
7 Revisionsöffnungen 2
8 pH- und Leitfähigkeitsmessung
9 Niveauregelung
10 Abschlämmung
Reingas 4
10
Rohgas 1
7
1 pH 9
LF
Frischwasser
Schwefelsäure
6 5
Abb. 2: Grundprinzip eines Rieselbettreaktors (KTBL 2006)
Managementhinweise
Das Berieselungswasser muss auf einem pH-Wert von 6,5 bis 7,0 gehalten werden.
Die maximale Leitfähigkeit des Umlaufwassers liegt bei 15 bis 20 mS/cm; das Waschwasser muss regelmäßig abgeschlämmt werden.
Da der Druckverlust über einen Rieselbettreaktor 100 Pa betragen kann, sind ausreichend druckstabile Stalllüfter einzusetzen.
Einsatz
Rieselbettreaktoren werden in einstreulosen Schweinehaltungen mit Flüssigmistverfahren sowie in Lege- und Junghennenställen (Boden- und Volierenhaltung; hier mit Vorwäsche) eingesetzt.
3 Chemowäscher
Funktionsprinzip
Chemowäscher sind prinzipiell wie Rieselbettreaktoren aufgebaut (Abb. 2). Das Waschwasser wird z. B. mit Schwefelsäure auf einen pH-Wert zwischen 1,5 und 4,0 eingestellt, sodass Ammoniak sehr effizient als Ammoniumsulfat abgeschieden wird. Die maximale Leitfähigkeit des Umlaufwassers beträgt bis zu 250 mS/cm bis das Waschwasser abgeschlämmt und durch Frischwasser ersetzt wird. Es findet kein mikrobieller Abbau und keine Geruchsminderung statt. Daher werden Chemowäscher in der Regel in zwei- oder dreistufigen Anlagen (siehe Kap. 2.4) als eine Verfahrensstufe zur Verbesserung der Ammoniakabscheidung eingesetzt.
Bauliche Ausführung
Nachfolgend werden typische Auslegungsparameter von Chemowäschern zusammengefasst; die hersteller- spezifischen Werte sind den jeweiligen Prüfberichten zu entnehmen:
- Filterflächenbelastung: Schwein 1.900 bis 5.200 m³/(m² ∙ h); Geflügel 1.900 bis 3.200 m³/(m² ∙ h)
- Dicke der Füllkörperpackung: 0,15 bis 1,60 m
- spezifische Füllkörperoberfläche: 100 bis 500 m²/m³
- Tropfenabscheider aus Stahl- oder Kunststoffgestrick erforderlich
Managementhinweise
Der pH-Wert der Säurestufe muss zwischen 1,5 und 4 liegen.
Die in den Prüfberichten ausgewiesenen Sicherheitsbestimmungen der Arbeits- und Chemikaliensicherheit sowie die Anforderungen an Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV 2020) sind zu berücksichtigen. Das abgeschlämmte Waschwasser ist separat entsprechend den besonderen wasser- rechtlichen Anforderungen zu lagern.
Einsatz
Chemowäscher werden in der einstreulosen Schweinehaltung mit Flüssigmistverfahren meist als Verfahrens- stufe mehrstufiger Anlagen sowie in Masthähnchen- und Legehennenställen eingesetzt.
4 Zwei- oder dreistufige Anlage
Funktionsprinzip
In mehrstufigen Abluftreinigungsanlagen werden verschiedene Waschstufen der oben beschriebenen Verfahrensprinzipien in horizontaler Anordnung kombiniert, d. h. die Abluft durchströmt den Filter horizontal.
So können in einem zweistufigen System die Vorteile des Chemowäschers (effiziente Ammoniakabscheidung) mit denen des Biofilters (optimaler Geruchsabbau) oder einer nachgeschalteten Wasserwäsche verbunden werden. In einem dreistufigen System wird üblicherweise ein Wasserwäscher (erste Stufe zur Staubabscheidung) mit einem Chemowäscher (zweite Stufe zur Ammoniakabscheidung) gefolgt von einem Biofilter (dritte Stufe zur Geruchsminderung) kombiniert.
Bauliche Ausführung
Nachfolgend werden typische Auslegungsparameter von zwei- und dreistufigen Ablufttreinigungsanlagen (Abb. 3 und 4) für die einzelnen Stufen zusammengefasst; die herstellerspezifischen Werte sind den jeweiligen Prüfberichten zu entnehmen:
- Waschstufen
- Filterflächenbelastung: < 4.500 m³/(m²∙h)
- spezifische Füllkörperoberfläche: 240 bis 440 m²/m³
- Schichtdicke je Waschwand: 0,15 bis 0,90 m
- Biofilterstufe
- Filterflächenbelastung: < 3.000 m³/(m²∙h)
- Schichtdicke: 0,6 bis 0,9 m
- Tropfenabscheider außer nach Biofilterstufe
Reingas
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|
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Rohgas
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Produkt
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Säure Wasser
Abwasser
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|
1: Füllkörper, Chemostufe 2: Wasservorlage, Chemostufe
3: Tropfenabscheider, Chemostufe
4: Füllkörper, Wasserwäsche
5: Wasservorlage
6: Tropfenabscheider
Abb. 3: Prinzip einer zweistufigen Abluftreinigungsanlage (Chemowäsche + Wasserwäsche) (KTBL 2006)
W = Waschwasservorlage
Abb. 4: Prinzip einer dreistufigen Abluftreinigungsanlage (1 - Wasserwäsche, 2 - Chemowäsche und 3 - Biofilter) (KTBL 2006)
Managementhinweise
Der pH-Wert der Säurestufen sollte unter 4 liegen. Bei biologischen Wäscherstufen sollte der pH-Wert zwischen 6,5 und 7,0 eingestellt sein, das Leitfähigkeitsniveau des Waschwassers sollte maximal 16 mS/cm betragen.
Die in den Prüfberichten ausgewiesenen Sicherheitsbestimmungen der Arbeits- und Chemikaliensicherheit sowie die Anforderungen an Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV 2020) sind zu berücksichtigen. Das abgeschlämmte Waschwasser aus Säurestufen ist separat zu lagern.
Einsatz
Zwei- und dreistufige Abluftreinigungsanlagen werden in der einstreulosen Schweinehaltung und in Masthähnchenställen eingesetzt.